Wilhelm Krull, Generalsekretär der Volkswagen-Stiftung führte (auf Englisch) in die Tagung ein. Diese heutige Tagung sei Teil einer ganzen Reihe von Veranstaltungen, die die VW-Stiftung zur Internationalisierung von Hochschulen durchführe.
Der erste Keynote Speaker war David W. McLaughlin (Provost/Kanzler) der New York University (NYU). Sie bezeichnet – oder vielleicht sollte man sagen: vermarktet – sich selbst als „Global Network University“. Sie ist die größte private Forschungsuniversität der USA und hat das Leitbild „Global Network University“ gewählt, um sich von den anderen großen und bedeuteten privaten Forschungsuniversitäten abzusetzen. Dieses globale Netzwerke wird durch zwölf „study away sites“ gekennzeichnet, die von der NYU gegründet und eng an diese gebunden sind, bzw. gebunden sein sollten. Denn der Kanzler musste einräumen, dass es bei diesen Ablegern eine Tendenz zur Verselbständigung gibt, der immer wieder entgegengewirkt werden muss. Diese Ableger wurden teilweise bereits vor vielen Jahren gegründet: Madrid (1958), Paris (1969), Prag (1998), London (1999) etc. Die Standortgrößen, wenn ich die Darstellung des Kanzlers richtig verstanden habe, variieren im Allgemeinen zwischen 300 und 900 Studierenden. Neugründungen, die erst vor kurzem unternommen wurden, sind oft auch deutlich kleiner (Tel Aviv hat nur 16 Studierende). Abu Dhabi hat aber ca. 700 Studierende und Shanghai hat pro Jahrgang ca. 300 Studierende. Manche der Standorte rekrutieren auch Studierende vor Ort, manche werden nur durch eigene Studierende „beschickt“.
Wenn die Studierenden der NYU ins Ausland gehen, dann üblicherweise zu diesen Hubs. Dort ist Englisch die Lehr- und Forschungssprache. Im Studium können sie 3 von 8 Semestern an diesen Standorten im Ausland verbringen. Diese Form der Auslandserfahrung hat für die Studierenden den Vorteil, dass sich ihr Studium dadurch nicht verlängert. Manche Standorte werden auch nur als Sommer-Universitäten betrieben. Und auch die Professoren und anderes Personal werden vom Hauptcampus in New York regelmäßig an diese Auslandsstandorte geschickt.
In der anschließenden Fragerunde wird erläutert, dass die NYU ca. 50.000 Studierende hat und pro Jahr 45.000 Dollar Studiengebühren verlangt.
Nach den größten Problemen gefragt, die mit so einem globalen Modell verbunden seien, meint McLaughlin, dass die 12 verschiedenen Landesrechte, denen sie unterliegen, eine gewisse Herausforderung darstellen. Darüber hinaus werden diese study away sites oft als Blasen kritisiert, weil die Studierenden dort mit den meist amerikanischen Lehrenden völlig unter sich bleiben. Dem wirken sie entgegen, in dem sie dort schwerpunktmäßig „Service Programme“ für die „Community“ durchführen, sodass die Studierenden auch eine internationale Erfahrung machen. Das sei natürlich ein anderes Konzept, als es meist in Europa vertreten wird, aber die Studierenden der NYU wollen einfach kein Semester verlieren, sondern die ganze (teure!) Studienzeit für ihren Abschluss nutzen können.
Peter Otterson, Rektor der Universität Oslo, sieht die Internationalisierung seiner Universität als ein Instrument der Qualitätsteigerung: Die ausländischen Studierenden würden Perspektiven mitbringen, denen sich die Universität stellen müsse. Ihre Internationalisierungsstrategie habe verschiedene Säulen. Sie haben
- die etwa einhundert Kooperationsvereinbarungen, die die Universität mit anderen Universitäten hatte, auf einige wenige Hubs in unterschiedlichen Regionen der Welt reduziert. Sie führen diese Hubs als Kooperationen, weil sie keine eigenen Campi – wie die NYU – schultern können.
- Nischen ausgebaut, in denen sie gute Forschung machen und diese internationalisiert.
- einen neuen Typ der Tenure Track-Professur für Ausländer eingeführt.
- das Gehalt der PhD-Studierenden angehoben.
- stark in die Familienfreundlichkeit investiert.
Yasemin Karakasoglu, Konrektorin für Interkulturalität und Internationales an der Universität Bremen, machte in ihrem Vortrag darauf aufmerksam, dass gute Wissenschaftler zwar ins Ausland gehen sollen – auch weil sie diesen Schritt für die Karriere brauchen –, aber danach bitte nach Deutschland zurückkehren sollten. Für die Fächer einer Universität seien die internationalen Kontakte sehr wichtig, auch, weil in Koautorenschaft mit internationalen Wissenschaftlern verfasste Publikationen oft viel erfolgreicher seien. An der Universität Bremen habe man eine International School und auch eine KiTa geschaffen.
Professuren und PostDoc-Positionen werden grundsätzlich international ausgeschrieben. Dadurch habe sich der Anteil der internationalen Wissenschaftler stark erhöht. Um PostDocs in relevantem Umfang an die Universität locken zu können, habe man eine gesonderte Förderlinie eben für diese internationalen PostDocs ausgeschrieben. Deutschland sei für diese Zielgruppe im Allgemeinen unattraktiv, weil die Vertragslaufzeiten in Deutschland im PostDoc-Bereich ungewöhlich kurz seien. Bremen nutzt fünf strategische Partneruniversitäten, d. h. Hubs, die die Stellenausschreibungen weiterleiten. Darüber hinaus haben sie auch eine Internationalisierung der Verwaltung vorgenommen und machen ein quantitatives und qualitatives Monitoring der Mobilitätserfahrung ihrer Studierenden (in/out).
Lesley Wilson stellte die European University Association vor, in der 34 „nationale HRKs“ und 850 Einzeluniversitäten zusammengeschlossen sind. Ihr zufolge sei es für Nachwuchswissenschaftler wichtig, an eine Universität zu gehen, an der sie möglichst frühzeitig frei und eigenständig forschen dürfen. In der anschließenden Fragerunde wurde empfohlen, sich für die Nachwuchsförderung auf Hubs bzw. enge Partnerschaften zu konzentrieren, in denen nach dem Prinzip verfahren werde „ich nehme einen und schicke dir einen“. Generell seien deutsche PostDoc-Stellen für ausländische Wissenschaftler nicht attraktiv genug. Daher solle man alternativ Juniorprofessuren ausschreiben, weil die eine größere Selbstständigkeit in der Forschung erlauben. Darüber hinaus seien Synergien, die zwischen Wissenschaftler- und Studierendenaufenthalt im Ausland entstehen können, noch zu heben.
Im Abschlussplenum wurde schließlich noch von Ludger Pries (RUB, stellvertr. Vorsitzender des Sachverständigenrates dt. Stiftungen für Integration und Migration) angeregt, dass man Erhebungen unter den Gaststudenten machen und sie fragen solle, ob sie eigentlich noch gerne für ein PhD bleiben wollen würden, und ob (und womit) sie positive oder negative Erfahrungen gemacht haben. Die deutschen Hochschulen seien auch eine Pforte zum deutschen Arbeitsmarkt. Es sei anzunehmen, dass hier mittelfristig eine Funktionserweiterung der Hochschulen als Einwanderungsmagnet für Hochqualifizierte für den deutschen Arbeitsmarkt definiert werden wird.
Dorothea Rüland vom DAAD findet es bedeutsam, dass der Koalitionsvertrag vorsieht, dass mindestens die Hälfte der Studierenden irgendeine Art der Auslandserfahrung machen soll. Hinsichtlich der nach Deutschland kommenden Studierenden merkt sie an, dass eine aktive Interaktion zwischen deutschen Studierenden und Gaststudenten erst dann stattfindet, wenn die Deutschen zuvor auch im Ausland waren.