VolkswagenStiftung

Internationalisierung der Hochschulen

13. Januar 2015: Ich war auf einer Tagung zur Internationalisierung von Hochschulen und teile an dieser Stelle einige Punkte meiner Mitschrift, die ich interessant fand.

Wilhelm Krull, Generalsekretär der Volkswagen-Stiftung führte (auf Englisch) in die Ta­gung ein. Diese heutige Tagung sei Teil einer ganzen Reihe von Veranstaltungen, die die VW-Stiftung zur Internationalisierung von Hochschulen durchführe.

Der erste Keynote Speaker war David W. McLaughlin (Provost/Kanzler) der New York University (NYU). Sie bezeichnet – oder vielleicht sollte man sagen: vermarktet – sich selbst als „Global Network University“. Sie ist die größte private Forschungsuniversität der USA und hat das Leitbild „Global Network University“ gewählt, um sich von den anderen großen und bedeuteten privaten Forschungsuniversitäten abzusetzen. Dieses globale Netz­werke wird durch zwölf „study away sites“ gekennzeichnet, die von der NYU gegründet und eng an diese gebunden sind, bzw. gebunden sein sollten. Denn der Kanzler musste ein­räumen, dass es bei diesen Ablegern eine Tendenz zur Verselbständigung gibt, der immer wieder entgegengewirkt werden muss. Diese Ableger wurden teilweise bereits vor vielen Jahren gegründet: Madrid (1958), Paris (1969), Prag (1998), London (1999) etc. Die Stand­ortgrößen, wenn ich die Darstellung des Kanzlers richtig verstanden habe, variieren im All­gemeinen zwischen 300 und 900 Studierenden. Neugründungen, die erst vor kurzem unter­nommen wurden, sind oft auch deutlich kleiner (Tel Aviv hat nur 16 Studierende). Abu Dhabi hat aber ca. 700 Studierende und Shanghai hat pro Jahrgang ca. 300 Studierende. Manche der Standorte rekrutieren auch Studierende vor Ort, manche werden nur durch ei­gene Studie­rende „beschickt“.

Wenn die Studierenden der NYU ins Ausland gehen, dann üblicherweise zu diesen Hubs. Dort ist Englisch die Lehr- und Forschungssprache. Im Studium können sie 3 von 8 Semestern an diesen Standorten im Ausland verbringen. Diese Form der Auslandser­fahrung hat für die Studierenden den Vorteil, dass sich ihr Studium dadurch nicht verlän­gert. Manche Standorte werden auch nur als Sommer-Universitäten betrieben. Und auch die Professoren und anderes Personal werden vom Hauptcampus in New York regelmäßig an diese Auslands­standorte geschickt.

In der anschließenden Fragerunde wird erläutert, dass die NYU ca. 50.000 Studierende hat und pro Jahr 45.000 Dollar Studiengebühren verlangt.

Nach den größten Problemen gefragt, die mit so einem globalen Modell verbunden seien, meint McLaughlin, dass die 12 verschiedenen Landesrechte, denen sie unterliegen, eine ge­wisse Herausforderung darstellen. Darüber hinaus werden diese study away sites oft als Blasen kritisiert, weil die Studierenden dort mit den meist amerikanischen Lehrenden völ­lig unter sich bleiben. Dem wirken sie entgegen, in dem sie dort schwerpunktmäßig „Ser­vice Programme“ für die „Community“ durchführen, sodass die Studierenden auch eine in­ternationale Erfahrung machen. Das sei natürlich ein anderes Konzept, als es meist in Euro­pa vertreten wird, aber die Studierenden der NYU wollen einfach kein Semester ver­lieren, sondern die ganze (teure!) Studienzeit für ihren Abschluss nutzen können.

Peter Otterson, Rektor der Universität Oslo, sieht die Internationalisierung seiner Universität als ein Instrument der Qualitätsteigerung: Die ausländischen Studierenden würden Perspektiven mitbringen, de­nen sich die Universität stellen müsse. Ihre Internationalisierungsstrategie habe verschiede­ne Säulen. Sie haben
- die etwa einhundert Kooperationsvereinbarungen, die die Universität mit anderen Univer­sitäten hatte, auf einige wenige Hubs in unterschiedlichen Regionen der Welt reduziert. Sie führen diese Hubs als Kooperationen, weil sie keine eigenen Campi – wie die NYU – schultern können.
- Nischen ausgebaut, in denen sie gute Forschung machen und diese internationalisiert.
- einen neuen Typ der Tenure Track-Professur für Ausländer eingeführt.
- das Gehalt der PhD-Studierenden angehoben.
- stark in die Familienfreundlichkeit investiert.

Yasemin Karakasoglu, Konrektorin für Interkulturalität und Internationales an der Univer­sität Bremen, machte in ihrem Vortrag darauf aufmerksam, dass gute Wissenschaftler zwar ins Ausland gehen sollen – auch weil sie diesen Schritt für die Karriere brauchen –, aber danach bitte nach Deutschland zurückkehren soll­ten. Für die Fächer einer Universität seien die internationalen Kontakte sehr wichtig, auch, weil in Koautorenschaft mit internationalen Wissenschaftlern verfasste Publikationen oft viel erfolgreicher seien. An der Universität Bremen habe man eine International School und auch eine KiTa geschaffen.

Professuren und PostDoc-Positionen werden grundsätzlich international ausgeschrieben. Dadurch habe sich der Anteil der internationalen Wissenschaftler stark erhöht. Um Post­Docs in relevantem Umfang an die Universität locken zu können, habe man eine gesonder­te Förderlinie eben für diese internationalen PostDocs ausgeschrieben. Deutschland sei für diese Zielgruppe im Allgemeinen unattraktiv, weil die Vertragslaufzeiten in Deutschland im PostDoc-Bereich ungewöhlich kurz seien. Bremen nutzt fünf strategische Partneruniversitäten, d. h. Hubs, die die Stellenausschreibungen weiterleiten. Darüber hinaus haben sie auch eine In­ternationalisierung der Verwaltung vorgenommen und machen ein quantitatives und quali­tatives Monitoring der Mobilitätserfahrung ihrer Studierenden (in/out).

Lesley Wilson stellte die European University Association vor, in der 34 „nationale HRKs“ und 850 Einzeluniversitäten zusammengeschlossen sind. Ihr zufolge sei es für Nachwuchs­wissenschaftler wichtig, an eine Universität zu gehen, an der sie möglichst frühzeitig frei und ei­genständig forschen dürfen. In der anschließenden Fragerunde wurde empfohlen, sich für die Nachwuchsförderung auf Hubs bzw. enge Partnerschaften zu konzentrieren, in denen nach dem Prinzip verfahren werde „ich nehme einen und schicke dir einen“. Generell seien deutsche PostDoc-Stellen für ausländische Wissenschaftler nicht attraktiv genug. Daher solle man alternativ Junior­professuren ausschreiben, weil die eine größere Selbstständigkeit in der Forschung erlau­ben. Darüber hinaus seien Synergien, die zwischen Wissenschaftler- und Studieren­denaufenthalt im Ausland entstehen können, noch zu heben.

Im Abschlussplenum wurde schließlich noch von Ludger Pries (RUB, stellvertr. Vorsit­zender des Sachverständigenrates dt. Stiftungen für Integration und Migration) angeregt, dass man Erhebungen unter den Gaststudenten machen und sie fragen solle, ob sie eigent­lich noch gerne für ein PhD bleiben wollen würden, und ob (und womit) sie positive oder ne­gative Erfahrungen gemacht haben. Die deutschen Hochschulen seien auch eine Pforte zum deutschen Arbeitsmarkt. Es sei anzunehmen, dass hier mittelfristig eine Funktionser­weiterung der Hochschulen als Einwanderungsmagnet für Hochqualifizierte für den deut­schen Arbeitsmarkt definiert werden wird.

Dorothea Rüland vom DAAD findet es bedeutsam, dass der Koalitionsvertrag vorsieht, dass mindestens die Hälfte der Studierenden irgendeine Art der Auslandserfahrung machen soll. Hinsichtlich der nach Deutschland kommenden Studierenden merkt sie an, dass eine aktive Interaktion zwischen deutschen Studierenden und Gaststudenten erst dann stattfin­det, wenn die Deutschen zuvor auch im Ausland waren.

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Dr. Veit Larmann
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