Kooperationsanagement

Netzwerk Wissenschaftsmanagement

Vom 20. bis 21.11.2014 habe ich an der Jahrestagung in München teilgenommen. Mit dem Netzwerk hatte ich bis dato noch keine persönlichen Erfahrungen gesammelt. Ich war sehr angenehm überrascht.

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Bayerische Akademie der Wissenschaften

An der Jahrestagung nahmen mehr als 200 „Wissenschaftsmanager“ teil. In Anführungszeichen schreibe ich diesen Begriff, weil er auch nach mehren Jahren der Diskussion noch nicht klar verortet wurde. Und das wird auch vielleicht nicht gelingen. In den Gesprächen am Rande erfuhr ich, dass die Teilnehmer oftmals, wie ich derzeit, als Referenten in der Hochschulleitung arbeiten. Manche mit klarem inhaltlichen Bezug, d. h. Referent für Forschung, Strategie oder Internationales etc. (wenn sie an großen Hochschulen arbeiten), und manche mit einem Aufgabenprofil, dass jemand als „Mädchen für Alles“ bezeichnete, der entsprechend von einer kleinen Hochschule kam, an der man nicht für jeden Funktionsbereich eine eigene Position schaffen kann. Daneben traf man auch Forschungsgruppenleiter, freie Berater oder Geschäftsführer von universitären Einrichtungen. Die Rolle, die Wissenschaftsmanager gewöhnlich einnehmen, bewegt sich dabei auf einem Kontinuum von „Facilitator“ zu „Administrator“, und wechselt dabei oft mehrmals täglich.

Nach einer kurzen Begrüßung durch den Vorsitzenden des Netzwerks und anschließend durch den Gastgeber und Präsidenten der Bayerischen Akademie der Wissenschaften wurde die erste Podiumsdiskussion eröffnet. Interessant fand ich in der Podiumsdiskussion insbesondere den Kooperationsvertrag und den angeschlossenen gemeinsamen Kooperationsfonds der Universitäten Marburg und Gießen, der den lustigen Namen „MaGiC“ trägt. Diese beiden benachbarten Universitäten stimmen über diesen Vertrag und Fonds ihre Entwicklung/Profilbildung miteinander ab. Unter anderem werden Professoren in die Berufungskommissionen der jeweils anderen Universität geschickt. Vor einer Ausschreibungsrunde auf interne Förderung definieren die Präsidenten Felder, aus denen Anträge ge­stellt werden können. In die Projekte werden dann gemeinsam Wissenschaftler aus beiden Universitä­ten (Gießen und Marburg) eingebunden.

Darüber hinaus wurden in dieser Podiumsdiskussion überwiegend Tipps für Kooperationen von Hochschulen zum Besten gegeben, die die Podiumsteilnehmer aus ihrer Berufserfahrung ableiten und mit Beispielen belegen. Einige will ich hier wiedergeben:

- Es sei schwierig länderübergreifende Promotionskollegs zu betreiben, weil die Vorstellungen von guter Betreuung im (in diesem Fall: osteuropäischen) Ausland nicht die gleichen seien, wie sie bei uns die DFG empfiehlt.

- Für große Kooperationsprojekte sei es wichtig, dass der Vorsitz reihum wechsle. Allmendinger betonte mehrmals, wie hilfreich es sei, Kooperationsvorhaben nicht bei einem Kooperationspartner zu beheimaten, sondern bei einem neutralen „Hub“, in ihrem Fall einer Akademie der Wissenschaften. Und es sei ganz wichtig Bescheidenheit an den Tag zu legen und nicht immer nur die vermeintlich bessere Publikationsliste vor sich herzutragen.

- Beutegemeinschaften und Kooperationen, die nur des Fördergeldes eingegangen werden, würden praktisch kaum funktionieren und lösten sich üblicherweise nach kurzer Zeit wieder auf. Sie könnten darüber hinaus dem Haus auch schaden. Wenn diese politisch gewollten, oftmals regional ausgerichteten Netzwerke erfolgreich arbeiten sollen, dann müssen sie einen wissenschaftlichen Mehrwert für alle Beteiligten haben, d. h. die Kooperation darf nicht als Nachhilfe vom einen für den anderen Partner angelegt sein. Das funktioniere nicht.

- Allmendinger rät allen, die eine Kooperation eingehen wollen, ihr Haus selbst zunächst gut zu bestellen und sich der eigenen Prioritäten und der mit der Kooperation verfolgten Ziele klar zu werden. Das sei auch für die Arbeit im Projekt sehr wichtig.  Wenn man etwas gut machen wolle, dann koste es auch immer Geld. In diesem Zuge brachte sie die schöne Bemerkung, dass es auch sehr teuer sei, die besten Leute zu längeren Forschungsaufenthalten ins Ausland zu schicken. Denn die Besten hätten oft auch schon Familie, und die würden nur gehen, wenn ihre Familie mitkomme. Und das wird dann sehr teuer. Und: „Alles andere ist Wissenschaftstourismus“. Darüber hinaus sei das Zeitfenster, in dem man eine Kooperation eingehen könne, oftmals sehr eng. Dann brauche man genügend Manpower um die Kooperation einzufädeln. Ist man an dieser Stelle zu langsam, dann ist es schnell auch rausgeworfenes Geld. Eckert sagt an anderer Stelle später dazu, dass sich das Zeitfenster auch schließen kann, weil man zu lange über das Optimum diskutiert. Die Wissenschaftsmanager müssten irgendwann auch anfangen dürfen zu arbeiten, sonst ist es zu spät.

- Allmendinger ist der Auffassung, dass insbesondere Doktoranden und PostDoktoranden große Vorteile aus allen möglichen Varianten von Kooperationen ziehen könnten. Zu den Promovierenden merkt Wessel noch an, dass sie aus Promotionskollegs vielfältigen Nutzen zeihen können, weil sie über das Kolleg auf die Beratung, die wissenschaftliche Kompetenz und die Netzwerke der beteiligten Professoren zurückgreifen, bzw. aus diesen Unterstützung erhalten können (das habe ich im Übrigen in Flensburg auch so erfahren). Wessel beobachtet in der neuen Nachwuchsgeneration einen Mentalitätswechsel. Die jungen Leute würden ihre Forschungsergebnisse heute viel früher zur Diskussion stellen und weniger besorgt sein, dass ihnen jemand ihre Idee klaut. Das sei in seiner Nachwuchszeit noch anders gewesen.

- Auf dem Podium wurde auch deutlich, dass der Trend zur Kooperation, der derzeit die Hochschulen, und insbesondere die Forschungsförderung, dominiert, manchmal seltsame Blüten betreibt und Leute in Kooperationen genötigt werden, die anders viel besser zu organisieren wären. Daran anknüpfend merkt   Wessel an, dass es in Bayern das Elite-Netzwerk gebe, ein Programm, an dem sich zumindest zwei Bayerische Universitäten für gemeinsame Master-Studiengänge zusammentun. Er sei zunächst dagegen gewesen: Die viele Fahrerei, die fremden Kollegen. Heute würde er sagen, dass es doch eine ganz gute erzwungene Kooperation gewesen sei.

Der zweite Tag

Am zweiten Tag hat es auch eine Podiumsdiskussion gegeben. Zunächst hielt Dagmar Simon jedoch einen Vortrag im Plenum zum Thema „Wirtschaft und Wissenschaft - Chancen heterogener Kooperationen“. Sie sagt u. a., dass die Förderstruktur in ganz Europa derzeit die „Versäulung“ überbrücken und Kooperationen fördern möchte. Sie hält es aber für einen Widerspruch, in einem verwettbewerblichten System Kooperation zu forcie­ren, weil die Akteure nicht gleichzeitig Partner und Konkurrenten sein könnten.

Vertrauen und informelle Interaktionen seien die Voraussetzung für gelingende Kooperationen. Die Partner müssten wissen, was ihre strategischen Ziele für die nächsten fünf Jahre sind. Klar formulierte Eigeninteressen machen das partnerschaftliche Miteinander einfacher. Vertrauen entsteht über gemeinsame Erfahrungen, für die zunächst Gelegenheiten geschaffen werden müssen, damit ein ausreichend tiefes Vertrauen für große Kooperationen entstehen kann. Auf Simons Wissenschaftscampus herrsche eine räumliche Nähe zwischen den sehr heterogenen Kooperationspartnern, die nötig sei, damit sich ein gemeinsames Leitbild finden lässt und Unstimmigkeiten schnell geklärt werden können.

Herausforderungen im Kooperationsmanagement

Nun wechselte Simon und ein Großteil der Teilnehmer in einen kleineren Raum, um eine Diskussion an diesen Vortrag anzuschließen. Diese Podiumsdiskussion hatte den Titel „Herausforderungen im Kooperationsmanagement“. Der Moderator fasste einleitend noch einmal die Kernbotschaften aus vorausgehenden Diskussionen zusammen:

- Partner brauchen Zielklarheit und Wissen um die eigenen Ressourcen,
- Es muss ein Kernteam geben, an das sich andere andocken können,
- Das Zentrum / der Hub muss auf neutralem Boden sein,
- Erfahrungen müssen zunächst gesammelt werden, damit sich Vertrauen für größere Kooperationen entwickeln kann,
- Kooperationen sind immer zeitintensiv.

Einige erwähnenswerte Punkte aus der Diskussion möchte ich auch hier weitergeben:

Dagmar Simon stellte klar, dass es schon immer Kooperationen zwischen Wissenschaftlern gegeben habe. Heute seien die formalisierter als früher, und das komme dem wissenschaftlichem Nachwuchs sehr zugute. Und sie meint, dass Förderprogramme dort ihre Grenzen hätten, wo Kooperationschancen vom Kooperationsgebot übernommen werden. Programme böten nicht immer den besten Nutzen. Manchmal sei es sinnvoller, Kooperation jenseits von Programmen einzugehen. In­stitutionen brauchen den Mut, sich Programmen auch zu verweigern.

Mit Blick auf die Kooperation zwischen Universitäten und außeruniversitären Forschungsinstituten wird klar, dass die nötige Augenhöhe zwischen beiden Organisationstypen meist nicht gegeben ist. So sei u. a. die Bezahlung der Doktorandinnen und Doktoranden unterschiedlich hoch und sicher. Außeruniversitäre Einrichtungen kooperieren mit Universitäten, um aus deren Absolventen Promovierende zu beziehen, weil sie erst damit DFG-antragsfähig werden. Eventuell könne manchmal auch der Professorentitel für die Leitungspersonen ein Kooperationsziel sein.

Dann wechselt die Diskussion zur Frage, wie die geeigneten Wissenschaftsmanager für Kooperationsprojekte gefunden werden können. Salzmann vom PIER erläuterte, dass er manchmal Stellenausschreibungen findet, in denen die eierlegende Wollmilchsau gesucht wird, und man erkennt oft an ihnen, dass dem Arbeitgeber gar nicht klar ist, ob er Milch, Wolle oder Eier braucht. Derartige Ausschreibungen führten zu nichts. Schöck meint dazu, dass sich oft erst im Projektverlauf zeige, welche Kompetenzen man genau brauche. Und die müssten dann gegebenenfalls über Fortbildungen besorgt werden.

Auf die Frage, wie eine Universität in der Forschung exzellent werden können, legt Schöck dar, dass der Forschungsaufwuchs der FAU im Prinzip an einer Person gelegen habe, die eine gute Forschergruppe führte, die dann ein MPI wurde. Und auf dieses aufbauend konnte die Universität in der Exzellenzinitiative erfolgreich sein. Daraufhin siedelte sich dann ein Helmholtz-In­stitut an. Das schwierigste sei einfach, den anfänglichen Bann zu brechen. Aber wenn es läuft, dann läuft es.

Der Moderator fragt nun in die Runde, was denn in ihren Kooperationen alles schief gelaufen sei, bzw. was sie daraus gelernt hätten. Dazu nur einige Stichpunkte:
 - Man dürfe bestehenden Kooperationen keine Erwartungen aufpfropfen. Man müsse die Leute fragen, welche Bedürfnisse sie haben. Man dürfe da nicht irgendeinem Bild hinterherlaufen.
- Man dürfe nicht aufgeben, wenn Viele abspringen: "Wenn ich immer überlege, ob ich richtig spiele, kann ich nicht mehr richtig spielen." Man müsse die Dinge auch dann noch durch­ziehen. Und dann heften sich auch neue Leute an und ersetzen die Abgesprungenen.
- Strukturierte Kooperationen könnten der Anfang von viel mehr Forschungsinitiativen oder gemeinsamen Studiengängen sein, weil sie als Türöffner fungieren und man sich dann besser kennen­lernt. Aber ein strukturiertes Programm braucht es.
- Kooperationen müssen themengetrieben sein, denn das Interesse der Wissenschaftler ist Grundvoraussetzung.
- Alles wird scheitern, wenn andere, und nicht die Wissenschaftler selbst, der Mei­nung sind, es gebe Potential für Kooperationen, durch die irgendwann ein SFB entstehen könne.
- Ko­operationsprogramme seien heute der Standard: Forscher müssen sich zunächst ein Profil erarbeiten und dazu werde die DFG-Einzelförderung gebraucht. Aber Reputation verleiht diese Förderung nicht mehr. Das machten nur noch SFBs und Forschergruppen.

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Dr. Veit Larmann
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