beim Zeit-Verlag

Rekrutierung von Wissenschaftlern aus dem Ausland

15.05.2014: Heute konnte ich an einem überraschend hochwertigen (und zudem kostenfreien) Workshop zur Rekrutierung internationaler Wissenschaftler teilnehmen, der vom ZEIT-Verlag angeboten wurde. Die Notizen, die ich mit zu den zwei Vorträgen gemacht habe, teile ich hier in komprimierter Weise mit der Öffentlichkeit.

Einführungsvortrag:

Einleitend wurde die Relevanz des Themas unterstrichen: Internationale Ausschreibungen von Stellen in der Wissenschaft seien nötig, weil damit der Talentpool, auf den zurückgegriffen werden kann, ver­größert wird. Das BMBF und der DAAD unterstützen die Rekrutierung mit http://www.research-in-germany.de

Wichtige Schritte zum Gewinnen internationaler Wissenschaftler seien:

- Eine von der akademische Selbstverwaltung beschlossene Internationalisierungsstrategie, über deren Umsetzungserfolge jährlich berichtet wird;
- Identifizieren der Prozesse und der an ihnen beteiligten Personen, mit denen die int. Wissenschaftler im Regelfall Kontakt haben. Diese müssten aus den Augen der int. Wissenschafter betrachtet werden. Bei dieser Betrachtung kann man die vorhandenen Internationals auch einbinden. Personal, das sich in der englischen Sprache sicher fühlt, müsse diesen Prozessen zugeordnet werden. Diese Personen sollten sich auch an einem monatlichen Jour-Fixe treffen;
- Die Hochschulwebsite bietet Raum, um für einen Aufenthalt in Deutschland zu werben. Aussagen zu den Angeboten der Hochschule, wie z. B. Doktorandenprogramme, aber auch zu den Lebenshaltungskosten sollten getroffen werden. Die Rubrik „Stellenausschreibungen“ sollte auch zu Initiativbewerbungen an den verschiedenen Lehrstühlen auffordern und Möglichkeiten für Kurzaufenthalte erläutern. Für Doktorandinnen und Doktoranden sollte eine besondere Unterseite, die auch die relevanten Ansprechpartner und deren Skype-Sprechzeiten (insbesondere zu Randzeiten) aufführt. Von den Workshopteilnehmern mit Erfahrungen in der int. Rekrutierung und auch den Referenten wurde das professionelle Erscheinungsbild der Hochschule-Website als weitaus bedeutender bewertet, als irgendwelche Initiativen in den sozialen Netzwerken.
- Im Workshop wird darauf hingewiesen, dass es in vielen Kulturkreisen üblich sei, Kinder in jüngeren Jahren zu bekommen, als es mittlerweile in Deutschland der Fall ist. Auch auf die Fragen, die sich daraus ergeben werden, dass der Lebenspartner und die Kinder mitkommen, sollte sich die Hochschule einstellen. Wenn die Internationals kommen, sollte ein Ablaufplan für die ersten Tage greifen.

Rekrutierungswege:

- In den einzelnen Fächer einer Universität besteht oftmals eine recht genaue Kenntnis darüber, aus wel­chen ausländischen anerkannten Instituten man gerne rekrutieren würde. Diese sind Rekrutierungsziel und eine Brücke zu anderen qualifizierten Wissenschaftlern im Umfeld des jeweiligen Instituts. Es gilt also das Prinzip der Weiterempfehlung. Von zentraler Stelle aus kann man die individuell rekrutierenden Professoren bei ihrer Personalwer­bung unterstützen, z. B. in dem man mit ihnen eine englischsprachige Powerpoint-Folie entwickelt, die als PNG immer an E-Mails anhängt wir.
- Langfristige Investitionen in die Rekrutierung zahlen sich aus, d. h. forschungsnahe Summer Schools für ausländische Studierende anzubieten bedeute auch, dass diese dann später ihre Promotion vielleicht an der einladenden Universität verfassen.

Vortrag von Prof. Dr. Metzler-Nolte (ehem. Vize-Präsident Internationales, RUB):

- Man kommt nicht umhin zu priorisieren: Was muss zu aller erst auf Englisch übersetzt werden? An der RUB hat man als erstes das Akademische Auslandsamt in International Office umbenannt.  Arbeits­verträge müssen auf deutsch sein, aber ein englischsprachiges Beiblatt ist notwendig und leicht zu realisieren.
- Die RUB hat eine Research School geschaffen, die als Dachorganisation die verschiedenen Angebote zusammenfasst. Sie unterstützt NICHT bei der Suche nach einem Doktorvater. Die Research School hat auch ein Welcome Center, das nach dem Betreuungsprinzip „davor, wäh­rend dessen und danach“ arbeitet. Insbesondere die Betreuung nach dem Aufenthalt sei wichtig, weil dies in vielen Ländern der gängige Rekrutierungsweg ist. Diese Strategie zahlt sich langfristig aus. Sie bietet auch Angebote speziell für PostDocs an, die PostDoc-Corner und das PostDoc-House. Hier findet Karriereberatung für PostDocs statt, wird das Mentoring-Programm koordiniert und wer­den die „Meet the Female Faculty“-Veranstaltungen organisiert. Die internen Fortbildungsmaßnahmen hat die RUB aus der Research School herausgenommen.
- Dual Career-Angebote sind wichtig, weil die Inder die Auswahl meist zwischen Deutschland oder Schweden genau an diesem Kriterium festmachen. In den Ausschreibungen ist ein deutsches Wording („habil.“) zu vermeiden.
- Postdoktorandinnen sind aus der arabischen/muslimischen und auch indischen Region nicht zu finden, weil deren Gesellschaften Frauen in dieser Lebensphase nicht raus lassen. Für Südkoreaner spielt Si­cherheit eine große Rolle. Deutsche Städte gelten den Südkoreanern als vergleichsweise sicher. Für Fa­milien, die ihre Tochter ins Ausland gehen lassen sollen, ist dies ein Ausschlusskriterium. Eine Interna­tionalisierung mit Indern betrachtet der Vortragende als problematisch, weil Ideen gestohlen werden und weil sie in einem Institut/Labor nicht auf Frauen hören, bzw. diese nicht zur Kenntnis nehmen, weil die ihrer Auffassung nach ausschließlich mit „häuslichen Aufgaben“ betraut sein sollten.
- Man solle nach den „kleinen Pflänzchen“ der Internationalisierung suchen und sie zu Vorbildern ausbauen.

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Dr. Veit Larmann
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