Universität Hamburg

DFG-Nachwuchstag

17. März 2015: Die Universität Hamburg führte mit der DFG eine eintägige Veranstaltung durch, die speziell die Förderangebote der DFG für den Nachwuchs vorstellte.

Die Vizepräsidentin begrüßte die Teilnehmer und beschrieb das Glück, wissenschaftlich arbeiten zu dürfen, aber wies auch auf die Probleme und Hürden hin, die mit dem Wissenschaftszeitvertragsgesetz (WissZeitVG) verbunden sind, und kam letztlich noch auf den Orientierungsrahmen der HRK zu sprechen.

In der ersten Session werden die Nachwuchswissenschaftler ermutigt, bei Fragen nicht zu zögern und eine E-Mail an die Geschäftsstelle der DFG zu verfassen. Die Referentin erläutert die Zusammensetzung der Fachkollegien (die Mitglieder kommen alle aus dem gleichen wissenschaftlichen Fach), dass sie die eingehenden Anträge und Gutachten bewerten und dass erst der interdisziplinär zusammengesetzte Senat über die Anträge entscheidet (er hält sich dabei meist an die Bewertungen der Fachkollegien). Die DFG sei eine Gemeinschaft aller deutschen Forscher und verlange die Beteiligung aller, d. h. wer einen Antrag einreicht sollte auch bereit sein, später selbst Gutachten zu erstellen. Etwa 70 Prozent der Anträge würden zur erneuten Bearbeitung an die Antragsteller zurückverwiesen. Von denen werden dann ca. 50 Prozent bewilligt. Jeder gute Wissenschaftler habe auch schon die Ablehnung eines Antrages hinnehmen müssen. Das sei normal und man solle sich als Neuling nicht davon irritieren oder entmutigen lassen.
Man erhalte die Gutachten und die Empfehlungen der Gutachter bei einer Ablehnung ebenfalls zugeschickt. Es sei keineswegs verpflichtend, die Gutachterempfehlungen kommentarlos zu übernehmen. Man können einigen folgen und bei der erneuten Einreichung in einem Begleitschreiben erläutern, aus welchen Gründen man einigen Empfehlungen nicht gefolgt ist.

Bevor Sie Fragen aus dem Publikum entgegennimmt erläutert sie noch, dass in der DFG-Geschäftsstelle ca. 70 Mitarbeiter beschäftigt seine, 200 davon seien Fachreferenten.

Anschließende Fragerunde und Antworten (ich beschränke mich hier auf die Antworten):

- Beim Auslandsstipendium gebe es einen Kinderzuschlag, allerdings nur, wenn man das Kind auch mitnehme. Für einen mitreisenden Partner gebe es keine zusätzliche Förderung.

- Bei interdisziplinären Anträgen solle man nicht versuchen, strategisch ein Fach zu wählen, sondern jenes Fach angeben, in dem man sich mit dem Antrag wirklich gut zu Hause fühle. Monodisziplinäre Anträge würden die Fachkollegen zwar meist leicht begeistern, aber eine wirklich breite Zustimmung entstehe in den Fachkollegien nur bei sehr guten interdisziplinären Anträgen.

- Ein Antrag solle etwa ein halbes Jahr vor dem Zeitpunkt gestellt werden, an dem man mit dem Forschungsprojekt anfangen möchte. Eine zu lange Vorlaufzeit – es wurde die Frage nach eineinhalb Jahren gestellt – sei kontraproduktiv, weil in den eineinhalb Jahren auch in der Forschung noch viel Neues passiere.

- Nur bei der Heisenberg-Professur werde eine persönliche Vorstellung vor den Fachkollegien verlangt.

- Ein Antrag könne gestellt werden, sobald die Dissertation eingereicht wurde. Dazu kann der Doktor-Vater ein erstes Votum abgeben. Die Dissertation muss keinesfalls vor der Antragstellung schon verteidigt oder publiziert sein.

- Bei einem Forschungsaufenthalt solle sich das gastgebende Institut finanziell beteiligen. Diese Beteiligung werde vom Stipendium abgezogen. Insbesondere bei zweijährigen Aufenthalten werde diese Beteiligung fällig. Bei kürzeren Aufenthalten könne man noch davon ausgehen, dass der Gast nur einen geringen Gewinn für das Gastinstitut darstellt. Bei längeren Aufenthalten kann aber davon ausgegangen werden, dass ein Nutzen entsteht, für den auch eine Entlohnung gezahlt werden kann.

Nun kommt ein langjähriger DFG-Vertrauensdozent zu Wort: Er erinnert daran, dass der Vertrauensdozent der eigenen Universität immer über die Antragstellung informiert werden sollte. Er wirbt dafür, sich an der Wahl der Fachkollegien zu beteiligen. Auch er ermutigt die Nachwuchswissenschaftler und bereitet sie gleichzeitig auf eine Ablehnung vor: Die DFG habe einfach zu wenig Geld, um alle guten Anträge bewilligen zu können. Die Kappungsgrenze sei einfach viel zu hoch. Und aus seiner Forschererfahrung gibt er noch den Tipp, dass die Schwerpunktprogramme der DFG eine tolle Sache seinen: Dort kämen viele Experten zusammen. Und auch wenn man nicht finanziell an einem Schwerpunktprogramm beteiligt sei, so solle man dennoch versuchen, einen Gaststatus bei deren Sitzungen zu erhalten.

Nachmittags-Session

Am Nachmittag besuchte ich den DFG-Workshop für die Geistes- und Sozialwissenschaftler. Die Referentin erläuterte, dass sie nur einen ganz kurzen Vortag halten und viel Raum für Fragen geben wolle.

Sie schränkt ein, dass die DFG-Gutachter noch nicht einmal selbst erfolgreich einen Antrag gestellt haben müssten. In der Regel hätten sie dies aber schon erfolgreich gemacht. Nach der Sitzung der Fachkollegien könne man telefonisch in der Geschäftsstelle das Stimmungsbild erfragen, dass sich in der Sitzung des Fachkollegiums beim eigenen Antrag ergeben habe. Überarbeitet Anträge werden dann wieder eingereicht. Fast alle Fächer hätten eine Förderquote von 40 Prozent.

Die PostDoc-Phase sei auch dazu da, ein eigenes Profil auszubilden. Und dieses vom Doktorvater unabhängige Profil solle der Antrag auch zeigen. Ebenso solle der Antrag darlegen, an welche Universität man mit dem Geld gehen wolle. Man müsse überzeugend darlegen, dass an der benannten Zieluniversität das zur Zeit beste Umfeld für das eigene Vorhaben zu finden ist. Das wird nur im Ausnahmefall die derzeitige Universität sein. Man müsse also zeigen, dass man mobil und bereit zum Wechsel an eine andere Universität sei.

Bei der Länge des eigenen Antrages solle die Vorgabe, bzw. Grenze von 20 Seiten unbedingt eingehalten werden. Die Darstellung darf nicht zu komplex sein und sollte für den Gutachter verständlich sein. Publikationen, die für den Antrag wichtig seien, sollten direkt beigefügt werden, damit die Gutachter schnell reinschauen könnten. Wichtige Begriffe sollten erklärt werden, weil die Gutachter vielleicht weiter weg Antragsthema sind.

Auch diese Referentin betont, dass ein positiv beurteilter Antragsteller umgehend als Gutachter angesprochen werde.

Grundsätzlich sei es besser, seinen Antrag auf Englisch zu stellen. Denn gerade bei einem speziellen Thema seien in der Regel alle deutschsprachigen potentiellen Gutachter entweder Konkurrenten oder Kooperationspartner. Ist der Antrag auf Englisch, können Gutachter aus dem Ausland angesprochen werden.

Bei Erstanträgen seien eigene Vorarbeiten nicht so wichtig. Der Erstanträger werden nach dem Potential und der Originalität beurteilt. Der Erstantrag werde durch die beantragte eigene Stelle immer schon recht teuer. Da ist es unwahrscheinlich, dass die DFG auch noch einer zusätzlich beantragten Doktorandenstelle zustimmt. Hilfskraftmittel werden eher zugebilligt.

Nun ergeht das Wort an eine erfahrene Gutachterin, die den Nachwuchswissenschaftlern ein paar Tipps mitgeben möchte:
- Man solle sich viel Mühe geben. Dazu ist es unerlässlich, dass man sein Vorhaben Kollegen am Lehrstuhl vorstellt und von ihnen hartes Feedback verlangt.
- Auch bei Erstanträgen müssen die Antragsteller eine zumindest kleine Publikationsliste vorlegen können.
- Die DFG denkt interdisziplinär. Es sei dringend notwendig in den Nachbarfächern zu schauen, ob auch von dort Forschungsergebnisse in die eigene Arbeit einfließen können und ob das eigene Thema dort schon bearbeitet wurde.
- Der Antrag müsse eine Fragestellung und ein mehrjähriges Arbeitsprogramm erläutern.
- Renommierte Kooperationspartner machen den Antrag besser - ein name dropping aber nicht. Die genannten Partner müssen den Antrag kennen und Arbeitspakete im Vorhaben zugewiesen haben.

Nun gibt es die angekündigte Fragerunde (ich beschränke mich wieder auf die Antworten:
- Qualitative Forschung werde von der DFG genau so gerne gefördert, wie quantitative. Es sei aber unerlässlich, dass der Umfang der Interviews und die Auswertungsmethode im Antrag dargelegt werde.
- Auch wenn man sich ein neues Feld erschließen wolle, sei das mit einem DFG-Projekt möglich. Aber Vorarbeiten muss es auch dafür bereits geben, d. h. zumindest die Methoden sollten schon einmal benutzt worden sein.
- Anträge, die auf die Finanzierung der eigenen Stelle abzielen hätten eine Förderquote von ca. 30 Prozent.
- Die Fachkollegien überlegen sich meist für ihre Periode so etwas wie eigene Schwerpunkte, z. B. wenn zwei Anträge die gleiche Qualität haben, dann bekommt der Nachwuchs den Zuschlag, oder wenn alternativ zwei kleine oder ein großer Antrag förderbar währen, dann werden die kleinen Anträge gefördert.
- Eine realistische Fördersumme sei z. B. für die Psychologie ca. 250.000 EUR, verteilt auf einen dreijährigen Förderzeitraum. Andere Fächer kämen oft auf ca. 150.000 - 200.000 EUR. Mit der eigenen Stelle käme man aber immer schnell über 200.000 EUR.
- Kooperationspartner seien dann im Antrag überzeugend, wenn mit ihnen auch schon mal publiziert wurde und sie in der Projektphase auch mal drei Monate besucht werden. Ein Projektpartner könne z. B. dann sinnvoll eingebunden werden, wenn er eine Methode beherrscht, die für das Vorhaben nötig ist, aber die sie selbst kaum beherrschen.
- Es sei unwahrscheinlich, dass man auf der eigenen Promotionsstelle noch einen Antrag an die DFG stellt und einen lückenlosen Anschluss an die eigene DFG-Stelle oder das Forschungsstipendium (fürs Ausland) schaffe. Da wären eigentlich immer ein paar Monate zu überbrücken. Das Forschungsstipendium für den Auslandsaufenthalt werde aber meist zügiger bearbeitet und habe eine höhere Förderquote (es sei ja auch billiger als die eigene Stelle).
- Wird bei der Antragstellung ein Erst- und ein Zweitfach gewählt, dann gehe dieser Antrag parallel an zwei Fachabteilungen und es werden zwei Gutachter bestellt.
- Wenn man eine PostDoc-Stelle aus dem Hochschulhaushalt habe, könne man z. B. gemeinsam mit der Lehrstuhlinhaberin einen Antrag stellen, aus dem ein Doktorand finanziert werde soll. Damit werde faktisch eine Arbeitsgruppe eingerichtet.
- In den Erziehungswissenschaften komme es bei einer Antragssumme unter 100.000 EUR zu einem verkürzten Verfahren. Diese Anträge sind dann aber ohne eigene Stelle, sondern beinhalten überwiegend Reisekosten und dergleichen.
- Es sei auch möglich kleinere Anträge, z. B. über 50.000 EUR zu stellen.
- Eine Ablehnung sei nicht persönlich zu nehmen, sondern statistisch einzuordnen: Eine Erfolgsquote von 33 Prozent heiße eigentlich nur, dass man jeden dritten Antrag durchbekomme.
- Nach der Sitzung der Fachkollegien könne man am Telefon erfahren, ob sich eine Überarbeitung und erneute Einreichung des Antrag lohnen könnte. Bei der überarbeiten Neueinreichung geht der Antrag im Regelfall wieder an den früheren Gutachter. Kann der nicht zur Verfügung stehen, dann hat der neue Gutachter das alte Gutachten vorliegen und kann erkennen, ob die Gutachterkritik eingearbeitet wurde.
- Es komme manchmal vor, dass ein Antrag behaupte, man wolle etwas erforschen, über dass dann einer der Fachgutachter sagt: "Moment, die Ergebnisse hat der neulich schon auf einer Tagung vorgestellt!" Wenn man mit so etwas erwischt werde, habe man bei der DFG mittelfristig verloren.
- Ein Antrag könne selbstverständlich das Thema der Dissertation fortführen. Aber das Fachkollegium könne auch zu dem Schluss kommen, dass dies jetzt nichts Innovatives sei und sich der Antragsteller mal von der Dissertation lösen sollte.
- Anträge können auch zu zweit oder dritt formuliert werden. Aber sie sollten erkennbare Verantwortlichkeiten haben.
- Anträge für Forschungsstipendien müssen ein Einladungsschreiben der ausländischen Universität beinhalten. Der Antrag darf auch parallel beim DAAD eingereicht werden.
- Beantragte Doktorandenstellen lauten normalerweise auf 65 Prozent. 100-Prozent-Stellen gebe die DFG nur, wenn der Arbeitsmarkt eine Stellenbesetzung andernfalls nicht ermögliche.
- Anträge, die nur darauf hinauslaufen, jemanden unterbringen zu wollen, taugen nichts. Aber es lässt sich z. B. begründen, dass ein PostDoc das Programm in zwei Jahren abarbeiten kann und ein Doktorand in drei Jahren. Dann kann auch ein PostDoc seine eigene Stelle einwerben.
- Die Gutachter kennen den Namen des Antragstellers, die Antragsteller erfahren aber nicht die Namen der Gutachter. Es komme gelegentlich auch vor, dass ein Gutachten schlecht gemacht sei. Dann fordere das Fachkollegium ein drittes Gutachten an. In der Antragstellung können auch einzelne Gutachter ausgeschlossen werden, z. B. wenn man der Auffassung ist, dass Kollege X befangen wäre.
- Wenn die 65-Prozent-Stelle der DFG zugewiesen werde, müsse selbstverständlich die bestehende 50-Prozent-Stelle aufgegeben werden. Ein Aufstocken sei nicht möglich.
- Es müssen nicht alle beteiligten Antragsteller und Koautoren auch Geld erhalten. Tendenziell werde es mit mehreren Antragstellern nicht einfacher.
- Je nachdem, wie weit die eigene Dissertation zeitlich zurück liegt, sollte auch die eigene Publikationsliste gewachsen sein. Hat man zwischenzeitlich Kinder bekommen, wird dies bei der Bewertung der Publikationsliste berücksichtigt.
- Auch erfahrene Forscher können kleine Antrage stellen. Allerdings sind solche kleinen Anträge chancenlos, wenn zu vermuten ist, dass das Vorhaben mit dem Budget nicht zu realisieren ist.
- Der Erstantrag bei der DFG könne auch ein Heisenberg-Antrag sein, wenn man vorher z. B. einige BMBF- und VW-Projekte hatte.
- Heisenberg-Professuren seien eigentlich derzeit unrealistisch, weil sich kaum eine Universität drauf einlasse, eine Berufungszusage für in fünf Jahren zu geben.

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Dr. Veit Larmann
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