Bonn 29.11. - 30.11.2017

Jahrestagung des Netzwerks Wissenschaftsmanagement

Vorprogramm: Site Visit beim Deutschen Evaluierungsinstitut der Entwicklungszusammenarbeit (DEval)

Abteilungsleiter Martin Bruder erklärte der Besuchergruppe, welche Tätigkeiten am DEval durchgeführt werden:

- Angewandte Forschung der Entwicklungszusammenarbeit, auch im Auftrag des Bundes / in der Funktion einer Ressortforschungseinrichtung, hier werden Methoden und Standards entwickelt;

- Evaluierungen von Programmen, z. B. das Programm Weltwerts;

- Evaluierungskapazitäten in den Partnerländern stärken.

Das DEval sei das einzige unabhängige Forschungsinstitut eines Bundesministeriums. Die Form der Institutionalisierung sei die der "eingebetteten Autonomie". Das Evaluierungsprogramm / der Arbeitsplan des DEval werde jährlich gemeinsam mit den Stakeholdern in einem Konsultationsprozess abgestimmt. Diese sind z. B. das BMZ, fachlich mit der Entwicklungszusammenarbeit befasste Parlamentarier, der Beirat des DEval und Akteure aus der Zivilgesellschaft. Das finale Programm wird dann vom DEVal dem BMZ vorgelegt und in Gänze angenommen oder abgelehnt.

Das DEval gebe es erst seit 5 Jahren. Es werden 60 Mitarbeiter beschäftigt. Das BMZ sei Alleingesellschafter.

Zentral für das Verständnis der Evaluationsarbeit sei, dass der Gegenstand der Evaluation immer im Zentrum stehe, d.h. nicht einzelne Wirkungsfragen oder eine durch die DEval formulierte Forschungsfrage, sondern das Fördervorhaben in seiner Gesamtheit (nach den DeGEval-Standards für Evaluationen). Das Erkenntnisinteresse fokussiere sowohl auf Lernen als auch auf Kontrolle, um letztlich die Qualität der Intervention zu verbessern und sie mit einer höheren Legitimation auszustatten. Für das Wissenschaftsmanagement des DEval bedeute dies also, dass sie viel Zeit in das Einholen von fachlichen Bewertungen und in die Rückkommunikation von Evaluationsergebnissen zu den politischen Stakeholdern investieren müssen. Durch die Rückkommunikation ermögliche sie das Lernen der Akteure, sodass diese für die folgenden Förderrunden angepasste Vorgaben beschließen können: "Demokratisch legitimierte Akteure müssen auf dem Lernweg mitgenommen werden."

Jedes Projekt der Entwicklungszusammenarbeit verfasst für sich selbst einen Evaluationsbericht. Das DEval konzentriert sich nur auf politisch definierte Ausschnitts- oder Querschnittsevaluationen. 40 % der Evaluationstätigkeit des DEval darf das DEval outsourcen bzw. an andere Institute vergeben.

Haupttagung: Aus der Begrüßung des Vorsitzenden

Wissenschaftsmanagement sei Management für die Wissenschaft. Es gehe darum, beste Rahmenbedingungen zu schaffen, Wissenschaft zu ermöglichen. Alle 16 Workshops seien durch Anregung von Mitgliedern entstanden.

In den anschließenden Eröffnungsvorträgen und der Diskussion machte Prof. Dr. Monika Jungbauer-Gans den Punkt, dass die Daten der unterschiedlichen Fächer wenig Vergleichbarkeit untereinander erlauben würden, dazu seinen Fächerkulturen zu unterschiedlich. Und die Datenbasis sei meist auch nicht sehr verlässlich. Das Verteilen von Zulagen aufgrund von ermittelten Werten führe zu selbstverstärkenden Mechanismen und wachsenden Ungleichheiten. Die Drittmittelprogramme würden die Forschungsagenda bestimmen, wenn Drittmitteleinnahmen zum Auswahlkriterium erhoben werden würden. Wenn die quantitative Bewertung von Forschungsleistungen das Entscheidungsverhalten von Hochschulleitungen und Ministerien bestimmt, dann wird es langfristig zu einer Trennung von Lehr- und Forschungsuniversitäten kommen und die Forschungsuniversitäten werden mehr Mainstreamforschung machen. Das könne niemand wollen.

Prof. Dr. Philipp Pohlenz kritisierte die gängige und unreflektierte Verwendung von Indikatoren, die nur genutzt werden, weil sie etabliert seien. Viel wichtiger sei es, dass Indikatoren die Leistungen der Universität abbilden würden. Eine Vergleichbarkeit anhand immer der gleichen Kriterien sei nicht notwendig und auch nicht zielführend.

Nach Prof. Dr. Frank Ziegeles Auffassung sei durch das Programm "Innovative Hochschule" die Vielfalt der Exzellenz in der Bundesförderung angekommen. Hierdurch sei öffentlich unterstrichen, dass Hochschulen eben auch im Wissenstransfer herausragend sein. Für ihn bekomme die gesellschaftliche Relevanz von Forschung dadurch endlich ein stärkeres Gewicht.

Ziegele macht sich dafür stark, dass der Erfolg nur in jenen Bereiche gemessen werden solle, in denen er einen Bezug zur Strategie der Hochschule habe. Die Indikatorenerstellung müsse mit den Lehrenden bzw. Forschenden gemeinsam vorgenommen werden. Zum Beispiel würde ihm seine Hochschulverwaltung vorhalten, dass seine Studierenden alle weit über der Regelstudienzeit liegen würden. Für ihn kann das aber bei einem weiterbildenden Studiengang gar kein Kriterium sein, weil sie das Studium extra so organisiert hätten, dass es sich möglichst flexibel und auch zeitlich sehr dehnbar in den Arbeitsalltag einbauen lässt.

Pohlenz findet, Qualitätsmanagement müsse so aufgebaut sein, dass Lehrende mitmachen wollen. Im Prinzip möchte doch fast jeder für sich alleine schon wissen, ob er seine Arbeit gut mache, ob er Erfolg habe. Das sei eine Haltungsfrage. Zahlen für Externe zu erheben sei völlig nachrangig.

Die formelgebundene Mittelvergabe habe nach Ziegele vor allen Dingen den positiven überraschenden Effekt, dass die ihr unterliegenden Professoren nun zufrieden sein, sich nicht immer um die Mittelverteilung streiten zu müssen.

Workshop I: Wie international sind wir?


Den Workshop "Wie international sind wir? Und woher wissen wir das?" begannen Dr. Katja Pook, Dr. Ferdinand Esser, Dr. Florian Bernsdorf und Dr. Florian Grubitzsch mit zwei szenischen Präsentation, d.h. drei Personen trugen eine einstudierte Gesprächssituation vor, wie sie viele der Anwesenden bekannt war: Ein Vizepräsident wirbt bei einer Institutsleiterin und ihrem Nachwuchsgruppenleiter dafür, sich mit einem Projekt in die Internationalisierung einzubringen und möchte die entsprechenden Ziele gleich mitvereinbaren. Während der zwei vorgetragenen Sitzungssituationen liefen auf der begleitenden Powerpoint Kriterien und Leitfragen - gleichsam auf der Metaebene - mit.

Im Anschluss an die zwei kurzen Szenen entstand dann eine gut moderierte Diskussion, über die typischen Fehler und Herausforderungen in derartigen Situationen: Unklare Vorstellungen vom Internationalisierungsziel auf Seiten aller Beteiligten, der sofort entstehende Kampf um zusätzliche Ressourcen und das damit einhergehende Umdefinieren von Kriterien, der Verweis auf Zielkonflikte etc. Was anfangs etwas dünn für eine fast zweistündige Session wirkte, erwies sich als sehr guter Einstieg in eine lebhafte Diskussion, in der sich fast alle Besucher des Workshops mehrfach beteiligten. Am Ende zeigten die Stellwände eine umfangreiche Sammlung von gegliederten Indikatoren, die weitab der üblichen und wenig überzeugenden Indikatoren lagen. Eine rundum gute Session.

Zitate aus der Session:

- Bei der Zielvereinbarungen sind Kennzahlen nicht in Stein gemeißelt. Sie dienen nur der Orientierung.

- Ziele müssen in Absprache auch mit jenen entwickelt werden, die operativ in die Umsetzung involviert sind. Kriterien müssen an dieser Stelle auch ausformuliert werden, weil Kriterien von den Beteiligten meist sehr unterschiedlich verstanden werden.

- Internationale Studiengänge werden leichter durchführbar, wenn die Prüfungsformen "international verträglich" sein, d.h. Handlungsspielräume für unterschiedliche Sprachniveaus aufweisen.

- Manchmal dürfen Pflichtmodule aus rechtlichen Gründen nicht auf Englisch durchgeführt werden, was sehr merkwürdig sei, weil diese Einschränkung für vom Lehrenden vorgegebene Pflichtlektüre nicht gelte.

- Große Erleichterung schaffen mit ausländischen Partnern abgestimmte Module, die auf jeden Fall immer besuchbar sind und anerkannt werden.

- Für unterschiedliche Fächerkulturen braucht es unterschiedliche internationale Lehrangebote auch durch die Heimatuniversität. Wer "Deutsch auf Lehramt" studiert könne die interkulturelle Sensibilisierung gut gebrauchen, damit ein Klassenverband mit hohem Migrantenanteil auch beherrscht werden kann. Fächer mit weniger Mobilitätsneigung können über internationale Gastlehrende eine Internationalisierung erfahren. Für Fächer, in denen sehr schnell studiert werden möchte, können Summerschools oder eine Exkursion eines Seminars ins Ausland eine Internationalisierungsalternative sein.

- Studiengangsevaluationen weisen manchmal einen "Zufriedenheitsindex" auf. Der könnte auch gesondert für die internationalen Studierenden erhoben werden. Wenn die englischsprachige Lehre in komplexen Zusammenhängen auch mal auf Deutsch wechsele, müsse diese Diskriminierung erkannt werden.

- Die Vorteile einer Internationalisierung seien nicht für jedes Hochschulmitglied sofort ersichtlich. Die unterschiedlichen positiven Effekte müssen einzeln herausgestellt und kommuniziert werden. Ansonsten wird die schwierige Aufgabe nicht unterstützt.

- Institute bzw. Fächer, die sich in der Internationalisierung engagieren, müssen dafür monetär bzw. personell kompensiert werden.

Workshop II: Leistung evaluieren und Leistung optimieren: Qualitative und quantitative Aspekte der Leistungsmessung im Rahmen von Zielvereinbarungsgesprächen.


Andreas Mues und Dr. Tobias Weise von der Hochschule für Gesundheit & Sport, Technik & Kunst (H:G) in Berlin stellten zunächst ihre eigene Hochschule vor. Sie beschäftigen 17 Professor*innen und 56 Verwaltungsmitarbeiter*innen. Die Hochschule müsse sich vollständig aus den Studiengebühren finanzieren - Zuschüsse aus irgendeiner Stiftung oder Landeskasse seien nicht zu erwarten. Sie konzentrieren sich auf die Buchwissenschaften, weil diese weitaus kostengünstiger sein.

Das Semester bestehe aus drei einwöchigen Präsenzwochen und blended learning. In der Studienberatung werde nicht auf einen Vertragsabschluss hinberaten. Man wolle durch Kompetenz und Freundlichkeit überzeugen. Die Studienentscheidung falle meist erst 6 bis 12 Monate nach dem Beratungsgespräch. Schulabgängern wird grundsätzlich von einem Studium an der H:G abgeraten, weil deren Vermögen sich selbst zu organisieren meist noch nicht weit genug entwickelt sei, um mit der Studienorganisation klarzukommen.

Die Personalbindung sei eine große Herausforderung für alle privaten Hochschulen, weil das Gehaltsniveau geringer als an den Landeshochschulen sei. Daher investiere man in Eltern-Kind-Zimmer, Kreativ-Raum, Snoozel-Raum etc.

Bisher habe man für alle Mitarbeiter*innen die klassischen Instrumente der Zielvereinbarung genutzt (Management by Objectives und SMART). Zur Leistungsverbesserung der Beschäftigten unterhalb der Führungsebene habe man nun ein neues Modell entwickelt. Dies stelle die Kompetenzausprägung des individuellen Mitarbeiters in 15 verschiedenen Kategorien dar. Die Stellenprofile haben ebenfalls erwartete Kompetenzausprägungen in den 15 Kategorien. Beide werden letztlich übereinander gelegt und die Unterschiede werden im Gespräch mit dem Mitarbeiter thematisiert: Kompetenzdefizite werden dann nachgeschult, u.a. durch jene Mitarbeiter*innen, die deutlich höhere Kenntnisse in einem Kompetenzgebiet aufweisen. Mitarbeiter*innen mit einer für die derzeitige Tätigkeit deutlich zu hohem Kompetenzprofil werde eine herausfordernde Tätigkeit angeboten. Die Prozessschritte seien also folgende: Stellenprofil --> Kompetenzprofil --> Passung/Qualifizierung. Diesem Modell liege ein tugendethischer Ansatz zugrunde: Wer Kompetenzen habe, möchte sie auch einsetzen und brauche dazu nicht angetrieben werden. Das Durchlaufen der Qualifizierungsangebote führe in der Regel auch zu einer Gehaltserhöhung. Diese neue Form der Mitarbeiterführung löste nicht bei allen Führungskräften Begeisterung aus.

Zitate aus der Diskussion:

- Die Hertie School of Governance zahle ein 13. Monatsgehalt. Das setze sich in der Höhe zu 3/4 aus dem Grad der Erreichung individueller Ziele und zu 1/4 aus der Zielerfüllung zwischen Stiftung und Hochschulleitung zusammen.

- Die Weiterbildung mache die H:G gemeinsam mit der Quadriga.

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Dr. Veit Larmann
info (bei) veit-larmann.de
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